Kognition und Multiple Sklerose
Teil I
Die Häufigkeit der frankierten Demenz ist bei multipler Sklerose, im Gegensatz zu klassischen Demenz-Krankheiten (z. B. Alzheimer oder frontotemporale Demenz), niedrig. Nichtdestotrotz können kognitive Defizite bei bis zu 70% der MS-Patienten festgestellt werden, wenn sie mit entsprechenden Testmethoden untersucht werden (Chiaravalloti ND, DeLuca J,et al.).
Im Gegensatz zu den klassischen neurodegenerativen Demenz-Krankheiten sind die kortikalen Syndrome, wie z. B. Aphasie, Apraxie und Agnosie, bei MS deutlich seltener. Auch die kognitive Störung wird hier vergleichsweise als „moderat“ bezeichnet. Es ist jedoch zu betonen, dass die meisten MS-Erkrankten im jüngeren Lebensalter die erste(n) Manifestation(en) der Krankheit begegnen und somit über Jahrzehnten mit der Krankheit und der dementsprechenden Neurodegenration (d. h. Nervenuntergang) leben müssen. In diesem Sinne kann eine etwaige Verschlechterung der Kognition für eine enorme Last seitens der Patienten, ihrer Angehörigen sowie des Gesundheitssystems sorgen. Erfahrungsgemäß führt eine Verschlechterung der Kognition zu einer Abnahme der Therapieadherenz, die ebenfalls zu einer vermehrten Verschlechterung der Kognition führen kann. Dieser Circulus vitiosus sollte kann selbstverständlich zu einer Verschlechterung der Symptome und einer Gehbehinderung führen, was die Gesamtprognose stark negativ beeinflusst.
Was bedeutet “Kognition”?
Unter den Begriff Kognition versteht man die Funktionen des Nervensystems, die mit Wahrnehmung, Lernen, Erinnern, Denken und Wissen in Zusammenhang stehen. Was der Laie meistens unter Kognition versteht, ist meisten (zumindest in meiner alltäglichen Praxis) dem Kurzzeitgedächtnis und der Lernfähigkeit gleichgestellt. Allerding geht die Definition der Kognition weit darüber hinaus. Definitionsgemäß besteht 6 neurokognitive Domänen, die jeweils mehrere Unterdomänen haben:
- Gedächtnis und Lernfähigkeit
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- Kurzzeitgedächtnis
- Langzeitgedächtnis
- Verzögertes Gedächtnis (cued recall)
- Semantisches und autobiographisches Gedächtnis
- Implizites Lernen
- Exekutivfunktion
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- Planung
- Entscheidungen treffen
- Arbeitsgedächtnis
- Flexibilität
- Inhibition
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- Sprache
- Benennen
- Wortfindung
- Geläufigkeit
- Syntax und Grammatik
- Aufmerksamkeit & Konzentration
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- Geschwindigkeit
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- Wahrnehmung und motorische Funktion (perceptual-motor function)
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- Visuelle Wahrnehmung
- Visuomotorische Koordination
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- Soziale Kognition
- Emotion
- Einsicht